Dienstmann Torsten Linke: „Einmal dabei – Immer dabei!“
Die Warnemünder wissen es längst, das ist Torsten Linke, der Eisenbahnfan in seiner Freizeit, der Signalwerker in seinem beruflichen Leben. „Doch mit der Eisenbahn hat mein Ümgangsschnack nichts zu tun. Dienstmänner waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts kräftige Männer, die Reisenden behilflich waren“, erklärt er. Als die Lloyd Bahn 1886 nach Warnemünde in das langsam aus seinem Schlaf erwachende Seebad kam, gaben sich auch die Dienstmänner mit ihren Karren ein Bietergefecht am Bahnsteig, wo das beste Hotel wäre, wer am billigsten, schnellsten und sichersten Koffer – ja manchmal auch Öfchen für kühle Tage in den Veranden – transportieren könne.
Vor zwanzig Jahren kam Gernot Schumann, alias Stephan Jantzen für den Festumzug vorgesehen, auf Torsten zu, dass er doch der richtige sei mit seiner Statur für einen Dienstmann, denn seine Frau Astrid hatte ein Hutschild mit der Aufschrift „Dienstmann“ von ihrem Großvater im Keller gefunden. Gernot und Torsten kannten sich aus dem Warnemünde Verein und es war sicher, dass so ein gebürtiger „Warnmünner“ nicht ablehnen konnte. Als erstes war die Mütze da. Dann die rote Banderole rundherum.
Aber der Karren? Historische Fotos lieferten für Torsten Linke die „Bauzeichnung“.
In seinem Schuppen fristeten noch alte Holzräder ihr trauriges Dasein. Leider vom Wurm zerfressen. Doch Torsten fräste neue alte Räder. Eine Achse trennte er aus einem auf dem Güterbahnhof für den Schrott bestimmten E-Karren aus. Die Federn kamen von einem alten Trabbi. Den großen Koffer vom Urgroßvater hatte Oma beim Aufräumen übersehen. Rund 14 kleine Koffer von anno dunnemals brachten Bahner aus Schwaan nach Warnemünde, die ein vergessenes Depot aufräumten. Auch die Hutschachtel, denn sie hatten es längst rausbekommen, dass ihr Kollege beim fröhlichen Warnemünder Spektakel in die Haut eines fast vergessenen Warnemünder Originals schlüpfen würde. Es stand aber noch eine Bauabnahme des Karrens an: Chrischi, der damals lütte Neffe, musste sich draufsetzen und ab ging‘s. Die Eigenkonstruktion hielt dem Warnemünder Pflaster stand.
„Einmal dabei – Immer dabei“, sagt Torsten Linke lachend und blickt dabei verschmitzt unter seinen Brillengläsern hervor.
Dann lässt er doch noch einiges aus dem Nähkästchen sehen: „Den großen Koffer haben wir mit Piatherm ausgekleidet. Nach dem Ümgang gibts immer gekühltes Bier und Alkoholfreies aus seinem Inneren. Einmal hatte ich 50 rote Rosen darin versteckt. Meine Frau Conny tanzt in der Trachtengruppe und wurde 50 Jahre! Das war vielleicht eine Überraschung!“
Und was wünscht sich Torsten Linke? „Dass der Tag 48 Stunden hat. Ich die Familie, die Arbeit, meinen Dienstmann, meine Fotografiererei für den Warnemünde Verein und meine Vorträge für die Sonntagsschule alles problemlos unter einen Hut bekomme und dabei, so wie heute, immer noch Spaß habe in Warnemünde zu Hause zu sein.“
Monika Kadner