Sofiia Naumenko aus der Ukraine segelt im ILCA Europa Cup
„Konzentration auf Wind und Ziellinie“
„Po putnowo wetra“, also „Mast- und Schotbruch!“ Sofiia Naumenko nimmt lachend die besten Wünsche für ihren Start bei den ILCAs entgegen. „Mit dem Wind um die Wette segeln“, könnte man die ukrainische Version des deutschen „Mast- und Schotbruch“ Wunsches übersetzen und die 23-jährige Sportlerin aus der Ukraine nimmt diesen Gruß der Segler wörtlich. Nach ihrem Gesamtsieg im ILCA Europa Cup 2021, will sie im Warnemünder Revier wieder beste Ergebnisse heraussegeln – und mit dem Wind um die Wette segeln.
Zur Warnemünder Woche kommt sie bereits zum dritten Mal seit ihrer zehnjährigen Sportlerlaufbahn und schwärmt von den Bedingungen: „Für mich ist die Ostsee vor Warnemünde der beste Ort zum Trainieren und um mich mit den besten Europas zu messen. Ich habe immer Wind angetroffen und mich so wie heute in der Gemeinschaft der Sportler und Helfer aufgehoben gefühlt. Danke!“
Sofiia ist seit Februar mit ihrem Mini-Wohnmobil in Europa unterwegs. Das Boot ist auf dem Dach fest verzurrt. Eine Matratze reicht ihr zum Schlafen. Aus ihrer Heimatstadt Dnipro, dem früheren Dnipropetrovsk, ist sie gut herausgekommen, als der Dnepr, wie auch alle anderen Gewässer zu dieser Zeit für zivile Fahrzeuge geschlossen wurde. Das hieß für sie, nicht mehr auf‘s Wasser. Kein Training. „Da ich noch keine Familie habe, kann ich ganz gut so leben als Sportlerin. Meinen erlernten Beruf als Ingenieurin für Wassertechnik könnte ich jetzt gar nicht ausüben. Mein nächstes Reiseziel ist Irland. Der dortige Seglerverband hat mir die Möglichkeit zum Trainieren angeboten.“
Doch für das tägliche Brot, den Kraftstoff fürs Auto braucht man doch auch Geld… Sofiia ist Schatzmeisterin für die rund 20 ukrainischen ILCA-Segler, die über ganz Europa verstreut sind, trainieren und Regatten segeln.
„Ich verwalte im Moment 17.225 Euro. Die EurILCA-Vereinigung sammelte bei Ausbruch des Krieges dieses Geld zur Unterstützung des ukrainischen ILCA-Teams. 140 Leute spendeten. Früher finanzierte unser Ministerium für Sport die Wettkampfreisen. Dieses Geld geht jetzt aber alles an unsere Soldaten. Wir gehen sorgsam und gerecht mit dem für uns gesammeltem Geld um. Wir werden durch die Unterstützung der Sportlergemeinschaft versuchen, nie hinterher zu segeln, unser Bestes zu geben, um so auch unser Land zu repräsentieren.“
Die junge Frau wird sehr ernst, als wir zum Schluss unseres Gespräches doch – wie könnte es anders sein – auf die Situation in ihrem Land zu sprechen kommen. „Ich habe keine anderen Wünsche, als dass der Krieg endet, keine Raketen meinen Eltern, Verwandten und Freunden mehr Angst einjagen, und ich auch beim nächsten Telefonanruf meine Mutter noch sprechen kann. Es ist so furchtbar.“
Sofiia schiebt, so sagt sie, diesen schweren Gedanken vor dem Europa Cup eine starke Wand vor. „Ich konzentriere mich nur auf den Wind und die Ziellinie.“
Das könnte man sehr gut auf ihr heutiges Leben übertragen, mit unserem Wunsch fürs Segeln und ihr weiteres Leben „Mast und Schotbruch, Sofiia!“, „Po putnowo wetra!“
Monika Kadner