Rund Bornholm: Offshore-Segler Rixgens/Reinke im Interview

Hochseeseglerin Lina Rixgens war 2017 die erste deutsche Frau, die erfolgreich an der Mini Transat teilgenommen hat und nach 18 Tagen, vier Stunden und sieben Minuten die Ziellinie bei Martinique überquerte. 2021 startete die gebürtige Kölnerin eine weitere Teilnahme an der Mini Transat, die sie wegen Defekten an ihrem neuen Boot nach der ersten Etappe abbrechen musste. In diesem Jahr ist die Hamburger Ärztin vom Einhand-Segeln auf Doublehanded umgestiegen. Gemeinsam mit Sverre Reinke, den sie aus ihrer Zeit als Europe-Seglerin kennt, segelt sie Doublehanded Offshore mixed im 30-Fuß-Bereich mit einer Dehler 30od. Die Langstreckenregatta „Rund Bornholm“ bei der Warnemünder Woche ist die zweite gemeinsame Wettfahrt des Teams. Im Interview geben sie einen Einblick in ihre Pläne als Doublehanded-Crew.

Wie kam es zu der Entscheidung, vom Einhand-Segeln auf Doublehanded zu wechseln?
Lina Rixgens: Nach zwei Mini-Tansat-Kampagnen hat es gereicht mit dem Einhand-Segeln. Es war Zeit für etwas Neues. Zu zweit kann man doch ein bisschen entspannter segeln, aber trotzdem nicht weniger ambitioniert. Und hat jemanden mit dem man alles absprechen und Entscheidungen zusammen treffen kann.
Sverre Reinke: Ich bin schon länger im ORC-Bereich als Taktiker mitgefahren und bin im Dickschiffbereich groß geworden. Dadurch war für mich der Wechsel von der Einmann-Jolle nicht so groß.

War der Wechsel auf Doublehanded von langer Hand geplant?
Rixgens: Das Wechseln von Einhand auf Doublehand war nicht konkret geplant, aber wir sind auch schon vorher viele Regatten im Mini 6.50 zusammen gesegelt, daher war der Wechsel nicht so abwegig. In der letzten Mini-Transat-Kampagne kam es auf, dass man ab und zu schon einsam ist, wenn man alleine draußen ist, und dass das manchmal die positiven Aspekte des Einhand-Segelns überlagert. Sverre und ich kennen uns noch aus der Europe-Zeit, seit circa 2009. Er hat meine erste Mini-Transat-Kampagne schon begleitet und die zweite mit dem neuen Boot maßgeblich aus technischer Sicht.

Warum fiel die Wahl auf eine Dehler 30od?
Rixgens: Es war klar, dass es für uns in den 30-Fuß-Bereich gehen sollte, weil es eine super Größe ist, die man gut zu zweit händeln kann. Es ist ein optimaler Übergang vom Mini zum „richtigen“ Dickschiff und eine gute Größe für die nächsten Jahre.
Reinke: Und im richtigen Performance-Bereich ist die Auswahl bei 30 Fuß gar nicht so groß. So wurde es die Dehler 30od.

Lina Rixgens (geb. 1994) wuchs in Köln auf, studierte in Belgien Medizin und promovierte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Thema „Vitamin C gegen Seekrankheit“. Seit 2022 ist sie als Ärztin an einem Hamburger Krankenhaus tätig. Ihre Segelkarriere startete 2004 im Optimisten und ging weiter in der Europe-Jolle. National und international nahm sie an Regatten und Meisterschaften teil. Die Idee, das Regattasegeln mit dem Langstreckensegeln zu verbinden, entstand, nachdem sie mit dem Projekt „High Seas High School“ das erste Mal auf einem Traditionsschiff den Atlantik von Hamburg aus nach Mittelamerika und zurück überquerte.

Welche Regatten habt Ihr Euch für die erste Doublehanded-Saison vorgenommen?
Rixgens: Die ORC Doublehanded-Europameisterschaft im Rahmen der „Sjaeland Rundt“ in Dänemark war unsere erste gemeinsame Regatta. Da wir in diesem Jahr noch ein gechartertes Boot segeln, mussten wir uns bei der EM erst einmal ein wenig hineinfuchsen. Wir hatten uns mehr vorgenommen, aber es war extremer Leichtwind, was der Dehler 30od nicht so in die Karten spielt. Aber der Trainingseffekt war auf jeden Fall da. „Rund Bornholm“ hier bei der Warnemünder Woche ist unsere zweite Regatta, und danach steht noch die Deutsche Meisterschaft in Travemünde an. Von den 250 Seemeilen bei „Rund Bornholm“ hatten wir uns etwas offshore-mäßigeres Segeln versprochen. Leider ist es nun wegen der Wetterbedingungen nur eine verkürzte Distanz geworden. Wir haben für diese Saison alle größeren Offshore-Regatten eingeplant, die in unsere Terminkalender neben unserer Arbeit als Ärztin und als Ingenieur passten. Jeder Urlaub geht bei uns für Regatten drauf.

Was habt Ihr Euch bei der Warnemünder Woche vorgenommen?
Reinke: Das ist schwer zu sagen. Es ist kein großes Geheimnis, dass die Dehler kein großes Vermessungswunder ist und man nicht sagen kann, die fährt immer auf Platz eins, wenn man gut segelt. Da muss auch der Wind passen. Ich denke, unser Ziel lautet einfach: gut fahren und besonders bei den teilnehmenden Dehlers gut abschneiden.
Rixgens: Wir sind auf jeden Fall gut vorbereitet, und das Boot ist es auch. Wir wollen mit dem Boot Gas geben, und ich glaube, die Windbedingungen sind dafür gut.

Wie oft trainiert Ihr gemeinsam?
Reinke: Mit diesem Boot haben wir noch gar nicht trainiert. Im Frühjahr hatten wir zwei Trainingstage und dann noch die Europameisterschaft. Richtige Trainingstage mit längeren Schlägen und Wachegehen hatten wir noch gar nicht vor der ersten Regatta.
Rixgens: Von Vorteil ist, dass Sverre schon zwei Jahre auf einer Dehler 30od gefahren ist, und schon viele Seemeilen darauf hinter sich hat und etliche Regatten gefahren ist.

Sverre Reinke (Jahrgang 1992) wurde in Bremen geboren und segelt von Kindesbeinen an. Vom Optimisten stieg er 2007 in die Einmann-Jolle Europe um, in der er unter anderem fünf Mal deutscher Meister wurde. Parallel zur Europe segelte er auf ORCi-Yachten, meist in der Position als Taktiker, bis der Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik mehr und mehr gemeinsam mit Lina Rixgens begann, Doublehanded Offshore zu segeln

Wie ist bei Euch die Aufgabenverteilung an Bord?
Reinke: Eine richtige Aufgabenteilung haben wir nicht, höchstens Kernbereiche. Zweihand-Segeln ist eigentlich wie Einhand-Segeln. Der Autopilot wird einfach etwas weniger genutzt, und wir machen beide alles.  Beim Segeln sprechen wir uns immer gut ab. Es muss natürlich ein Skipper feststehen, aber eigentlich sind wir gleichwertig bei Entscheidungen.
Rixgens: Wir wechseln bei jeder Regatta, hier bei der Warnemünder Woche ist Sverre der offizielle Skipper. Und bei der EM war es auch so, weil Sverre schon früher dort war. An anderer Stelle bin ich es.

Wie geht es weiter mit dem Doublehanded-Projekt?
Rixgens: Im August wollen wir noch die Dehler 30od Baltische Meisterschaft in Glücksburg mitfahren. Und langfristig ist der Plan, dass wir auf einem eigenen Boot unterwegs sind, auch im 30-Fuß-Bereich, aber nicht mehr auf der Dehler. Dann haben wir das Boot immer auch zum Trainieren zur Verfügung und können das Ganze noch ambitionierter angehen. Das große Ziel ist es, 2025 das „Fastnet Race“ mitzufahren, sowie Doublehanded-WMs und -EMs in Nordeuropa. Und von World Sailing gibt es nächstes Jahr vermutlich auch eine Mixed-Doublehanded-Offshore-WM. Wir nehmen alles mit, was neben der Arbeit geht, aber dabei schon sehr ambitioniert. Schon nächstes Jahr soll es mit dem eigenen Boot in die nächste Runde gehen. Diese Saison ist ein bisschen das Warm-up.

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