Tina – eine aus dem Race Office
Für das professionell organisierte Race Office auf der Hohen Düne, tragen seit vielen Jahren ehrenamtliche Frauen und Männer die Verantwortung. Neben ihren Berufen ob im Finanzwesen, als selbstständige Unternehmer oder als Segler i.R. sorgen sie für einen reibungslosen Ablauf der Regatten.
Es klingt wie eine Liebesgeschichte: Frühjahr 2002. Ein Klassentreffen. Einer der Schulfreunde lässt Christina Pohl keine Ruhe. „Es gibt da einen Nachbarn bei uns am Alten Strom. Seit kurzem Witwer. Verrückter Segler. Nimm doch mal nen Blick.“ Sie nahm. Christina bummelte etwas später schon nicht nur am Strand. Es sollten ihr nach wenigen Wochen Seebeine wachsen, wenn sie an den Wochenenden ihr kleines Auto von Berlin aus gen Warnemünde lenkte. Die Yacht der Familie Goldschmidt „Adjameh“, eine Slota 30, wurde ihre Lehrwerkstatt. Obwohl als diplomierte Binnenhändlerin eigentlich nur mit Waren des täglichen Bedarfs den Umgang pflegend, lernte sie mit den scharfen Segelkommandos des Mannes hinter dem Steuerrad problemlos umzugehen. Schnell riggt sie selbst auf, beherrscht Anlege- und Ablegemanöver, bleibt seefest, wenn Rasmus richtig zuschlägt – verliebt sich in den Schiffseigner und den Segelsport. Nach fünf Jahren des Pendelns ankert sie am Alten Strom. Sie legt die Hände nicht in den Schoß, wenn in Warnemünde die besondere Segelwoche am ersten Juliwochenende des Jahres eingeläutet wird. Meldet sich für den Versorgungscontainer. Durch ihre strukturierte Arbeitsweise, ihr offenes Wesen, die Freundlichkeit, die sie ausstrahlt, wächst sie schnell in die gestandenen Teams hinein, die sich ehrenamtlich schon viele Jahre auf der Warnemünder Woche engagieren. Nun trägt sie auch das Mitgliedsbuch des Warnemünder Segel-Clubs. Seit fünf Jahren ist sie nun im Race Office dabei. Hier agiert sie resolut, zügig und immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen. Sie gibt Parkscheine us, Passierscheine für das Campen im Marinegelände, Duschschlüssel und ist „Mädchen“ für Alles. „Bloß nicht so dick auftragen!“ weist sie das Lob ihrer Segelfreunde zurück. „Wir sind doch eine eingeschworene Crew , wir neun Aktiven. Jeder macht hier neben seinen eingeteilten Aufgaben selbstständig alles, was einen guten Gastgeber ausmacht. Das macht eben Spaß, wenn unser Segelclub eine ordentliche Visitenkarte national und international abgeben kann.“
Wenn das Race Office nach der letzten Siegerehrung aufgeräumt ist, und die Frauen und Männer ihren eigentlichen Berufen nachgehen, steht für die 66jährige Tina, wie sie landauf-landab gerufen wird, immer noch Segeln für den WSC im Kalender. Das Sommerlager „ihrer“ Optimisten beim Malchower Segelverein ist ein Muss.
Sie bekocht ihre Mädchen und Jungen, verwöhnt sie, nimmt sie in den Arm, wenn dann doch mal das Heimweh drückt. Sie scheut sich aber auch nicht, die allzu fürsorglichen Eltern der Nachwuchssegler lächelnd, aber strikt zu bitten, ihre Sprösslinge allein die Ferienwelt entdecken zu lassen. Sie und ihr Mann laden die Kinder und Jugendlichen oft nach den Ferien ins Logis auf der Warnemünder Mittelmole ein, damit sie das kleine Seemanns-ABC erlernen, um Knoten zu knüpfen oder um zu Spleißen. Das Feiern im Advent mit den Kindern ist ebenso eine feste Größe.
Längst hat sich Christinas Familienname in Goldschmidt geändert. Der Name ihres Mannes ist für Christina in ihrem Engagement für den Segelsport Ansporn. Ihr Dieter startete seit 1953 bei Regatten, ist heute noch Ehrenvorsitzender des Seglerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, 50 Jahre Mitglied des Warnemünder Segelclubs, und nicht zuletzt ist er Autor des Buches „Der Warnemünder Segelclub“.
Die Leidenschaft zur eigenen und der großen Seglerfamilie gehört für Tina Goldschmidt nun seit fast 20 Jahren zu einem ganz normalen Leben. Es ist eine Liebesgeschichte, die das Segeln zwischen Berlin und Warnemünde diktiert hat.