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Der Weltsegelverband „World Sailing“ ernennt einmal im Jahr internationale Wettfahrtoffizielle anlässlich seiner Jahrestagung. Gerade einmal sechs nationale Schiedsrichter weltweit wurden in diesem Jahr zu internationalen Schiedsrichtern befördert. Zu ihnen gehört auch der Chairman der Jury der Warnemünder Woche: Dr. Jörn-Christoph Jansen vom Wassersport-Verein-Güstrow 1928 e.V. (WVG).
„Jörn-Christoph Jansen hat sich diese Ernennung über Jahre erarbeitet und verdient. Für unseren Verein ist das etwas ganz Besonderes. Wir sind sehr stolz“, freute sich Peter Anders, Vorsitzender des WVG über die Nachricht.
Jörn-Christoph Jansen hat das Segel-Abc ab 1986 beim Wassersport-Verein-Güstrow 1928 e. V. erlernt, wobei der Verein seinerzeit noch „BSG Lokomotive“ hieß. Nach Regattajahren im Optimist und später im Pirat folgte eine Pause aufgrund des Jurastudiums. Als 2006 der Mangel an Wettfahrtoffiziellen im Verein groß war und die Arbeit an der Dissertation es zuließ, qualifizierte sich der Güstrower mit theoretischen Lehrgängen und auf praktischen Regatten. Der Deutsche Segler-Verband e. V. ernannte ihn schließlich 2008 zum nationalen Schiedsrichter, womit der Vorsitz bei Deutschen Meisterschaften im Segeln möglich wurde.
Ab 2009 folgten Einladungen in die Internationale Jury der Warnemünder Woche, die vom Hamburger Gode Sevecke geleitet wurde. Sevecke war es auch, der ihn 2011 in das Lehrteam des Segler-Verbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. holte, wo er bis heute tätig ist.
„Gode Sevecke, Olaf Wulf, Stefan Ibold und die leider schon verstorbenen Klaus-Dieter Heyer und Michael ‚Micky‘ Guntsch waren neben der Unterstützung durch den WVG wichtige Förderer“, erinnert sich Dr. Jörn-Christoph Jansen zurück.
2015 wurde Jansen zunächst Vice-Chairman der Internationalen Jury der Warnemünder Woche und seit 2016 ist er Chairman der Jury. Zur bisher letzten Warnemünder Woche 2019 kamen 18 Schiedsrichter aus 14 Nationen.
„Die internationalen Kontakte auf der Warnemünder Woche waren letztlich sehr hilfreich. Viele dieser auf der ganzen Welt aktiven Schiedsrichter haben mich bestärkt, mich für die internationale Lizenz zu qualifizieren“, so Jansen, der auch stellvertretender Vorsitzender des WVG ist.
Der Weg zur internationalen Lizenz bedeutet jedoch die Teilnahme an einem dreitägigen Seminar, das Bestehen einer schriftlichen Prüfung, mindestens vier internationale Regatten und mindestens drei positive Begutachtungen, von denen eine durch einen vom Weltsegelverband besonders ernannten leitenden Schiedsrichter erfolgen muss.
„2019 war ein Seminar in Gdansk angekündigt. Weil in der Regel nur ein Seminar im Jahr in Europa stattfindet, habe ich die Chance ergriffen, mir Urlaub genommen und bin dorthin gefahren. Die größte Herausforderung des Seminars war zum Abschluss die schriftliche Prüfung, die aus 100 Fragen und zwei zu entscheidenden Fällen bestand, nur 150 Minuten dauerte und natürlich immer in englischer Sprache stattfindet“, erinnert sich Jörn-Christoph Jansen. Zwischen 75 und 80 Prozent der Teilnehmer bestehen diese Prüfung nicht. Die Wiederholung der Prüfung ist nur einmal möglich.
„Sicherlich braucht man auch ein bisschen Glück, um hier zu bestehen. Die Vorbereitung habe ich abends nach der Arbeit und am Wochenende im Wesentlichen allein bestritten. Da half mir die Erfahrung aus den Lernmarathons für zwei juristische Staatsexamina“, erläutert Jansen, der heute als Volljurist Geschäftsführer beim Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. ist.
Als die Segelsaison 2020 coronabedingt in sich zusammenfiel, rückte der Antrag an den Weltsegelverband jedoch in weite Ferne. Anstelle eines geplanten Auslandseinsatzes in den Niederlanden über Ostern klappte es dann überraschend mit einem Einsatz zum Laser Europa Cup in Polen mit 191 Booten im August. Die letzte und wichtigste Begutachtung durch den englischen Schiedsrichterausbilder Chris Watts erfolgt zu einem weiteren Europa Cup der Laser mit 93 Booten in Warnemünde. Danach waren die Antragsunterlagen vollständig und es hieß warten.
Am letzten Sonnabend kam die positive Nachricht vom Weltsegelverband mit der Ernennung zum International Judge (IJ), wie es im Englischen heißt. Die internationale Lizenz berechtigt zum Juryvorsitz beispielsweise bei Weltmeisterschaften und ist Voraussetzung für die Teilnahme bei Olympischen Spielen. Sie gilt bis 2024 und kann dann durch praktische Nachweise und einen Onlinetest für weitere vier Jahre verlängert werden. Weltweit gibt es zurzeit ca. 300 Lizenzinhaber. Einladungen ins Ausland gibt es bereits. „Die erste Reise wird mich zu einer Weltmeisterschaft nach Kopenhagen führen. Drei Weltmeisterschaften sind 2021 geplant. Ich hoffe, dass in der Segelsaison 2021 mehr stattfinden kann als in diesem Jahr“, blickt Jörn-Christoph Jansen in die Zukunft.
Susanne Anders